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  • Stefanie Burr

Ein Plädoyer für das Unperfekte. Warum ich jeder Mama einen unsichtbaren Schutzmantel schenken möcht


Ich wünschte, ich könnte zaubern. Ich würde jeder Mama einen unsichtbaren Mantel schenken. Einen dicken Mantel, an dem der ganze Druck von außen abprallt und der sie einhüllt in Selbstvertrauen und Liebe.

Warum? Weil ich immer mehr Mütter treffe, die einfach ausgebrannt sind. Weil Frauen – wie schon so oft beschrieben – heute nicht nur fürsorgliche Mütter, sondern auch erfolgreich im Job sein müssen.

Weil sie aufmerksame Gastgeberinnen und Deko-Queens sein sollen und dabei schlank, attraktiv und modisch gekleidet. Sie müssen Ernährungsexpertinnen sein, sich in Kindergarten und Schule engagieren, Kuchen backen, kreativ basteln und an Arbeitseinsätzen teilnehmen. Eine Demo für den Frieden sollte ebenfalls reinpassen.

Da Eierlaufen und Sackhüpfen nicht mehr en vogue und Kindergeburtstage durchgestylte Themenpartys sind, müssen sie auch Eventmanagerinnen sein. Sie müssen wissen, was auf Facebook geht und in welchem Onlineshop man am günstigsten an Kinderschuhe kommt. Überhaupt müssen sie darauf achten, dass die Kleinen immer hübsch gekleidet sind – am besten mit Selbstgenähtem!

Ganz nebenbei halten sie die Familie und den Freundeskreis zusammen. Von einer sauberen Wohnung fange ich gar nicht erst an. Und anstatt abends erschöpft ins Bett zu fallen, schauen sie sich in pastellfarbenen Blogs an, wie schön, entspannt und erfolgreich andere Mütter sind.

Keine Frage: Vieles macht ja auch Spaß. Wirklich. Vielleicht erkennen wir einfach zu spät, wenn das Gesamtpaket zu groß wird. Wir sortieren zu wenig, was wirklich wichtig ist und denken, wir müssten alles schaffen. Dabei sind ja es ja tatsächlich die vielen Kleinigkeiten, die in der Summe das Gezerre machen. Ein Beispiel.

Neulich Nachmittag erfuhr ich beim Abholen der Großen, sie möge am nächsten Tag einen Pflanztopf in den Hort mitbringen. Nachdem alle Kinder zu Hause, der Einkauf ausgepackt, das Abendbrot vorbereitet, die Wäsche aufgehängt, die Kinder gestriegelt und endlich im Bett waren, schaute ich im Keller nach und stellte fest: Keiner mehr da. Ich fand eine Alternative ohne Loch und gab ihn der Großen mit. Die erzählte mir am nächsten Tag, dass der Topf etwas bemängelt wurde – im Baumarkt gäbe es doch schließlich welche. Ich fragte mich, an welchem Punkt des Abends wir denn hätten noch dahin fahren sollen. Ich nahm es nicht persönlich, denn ich hatte meinen unsichtbaren Schutzmantel an.

Liebe Mamas, Ihr seid großartig.

Lasst Euch nicht vom Perfektionswahn mitreißen und nehmt das alles nicht so ernst.

Ihr habt nach dem Sonntagsbad mal wieder vergessen, den Kindern die Fingernägel zu schneiden? Die Erzieherinnen werden es sicher nicht dem Jugendamt stecken.

Der Kuchen für den Kindergarten-Geburtstag ist diesmal nur gekauft und nicht selbst gebacken? Den Kindern ist es egal.

Ihr habt verschlust, Eier für die Kita auszupusten? Ostern fällt deshalb nicht aus.

Auf Euren Fenstern kann man SAU schreiben? Schreibt SO WHAT darunter!

Passt auf Euch auf. Und wenn Ihr mich dabei erwischt, dass ich es anders mache: Tickt mich an. Danke.

Nachtrag:

Die Kapuzinerkresse im Topf der Großen ist nichts geworden. Läuft eben nicht immer alles perfekt. Die Hortnerin war so großartig, dem Mädchen zum Trost noch eine gelungene Pflanze mitzugeben.

Liebes Leben. Deine Wendungen sind immer wieder eine Freude!


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