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  • Stefanie Burr

Ferien bei Oma und Opa. Warum ich mir stille Sommertage zurück wünsche.


Liebes Leben. Du bist schön, besonders im Sommer. Nur die Großeltern sind nicht mehr das, was sie mal waren. Ich erinnere mich noch an die schönen, unaufgeregten Sommertage im Garten meiner Oma. Diese flimmernde Sommerstille, in der es so viel zu träumen und zu entdecken gab. Wie reich wir waren! Die Zinkbadewanne, der alte Reifen zum Schaukeln im Apfelbaum, die reifen Beeren, die Nachmittage am See und natürlich die Busfahrt ins nächstgelegene Kleinstädtchen. Dort gab es nach dem Drogeriebesuch Bockwurst und Softeis. Samstag Abend gingen wir rüber zu Frau Klaffke. Die hatte einen Farbfernseher und fand es nicht schlimm, dass sich pünktlich zur „Schwarzwaldklinik“ die ganze Nachbarschaft einfand. Ich trage diese Sommer wie einen kostbaren Schatz in meinem Herzen.

Meine Oma war gemütlich, trug die obligatorische Kittelschürze sowie eine gut sortierte Dauerwelle. Ich kann mich nicht daran erinnern, das meine Oma jemals mit mir gespielt hat und auch nicht, dass mich das je gestört hätte. Oma bestand darauf, dass wir gemeinsam aßen und ließ uns Rasselbande sonst in Frieden.

Die Omas meiner Kinder sind weder rund, noch dauergewellt und kittelbeschürzt. Genauso wie die meisten anderen Omas, die ich kenne. Sie sind modern frisiert, chic gekleidet und meistens glücklich, noch arbeiten zu dürfen. Find ich gut. Nehmen sie dann eine Woche Urlaub für die lieben Enkel, wird alles fein durchgeplant. Die heutigen Großelten glauben nämlich, ihren Enkeln ständig irgendetwas bieten zu müssen. Heute Erdbeerhof, morgen Elefantenhof, übermorgen Ponyhof. Puppentheater muss schon drin sein, ein Tag an der Ostsee auch. Pizza, Eis, Lolli: Selbstverständlichkeiten. Kommen die Kleinen dann zurück, braucht es mindestens drei Tage, um sie wieder auf Normal-Level zu bringen. Weil es weder tägliche Ausflüge noch Eisdielenbesuche gibt, ist nämlich alles langweilig und doof. Dann gehen sie einem mit Bockanfällen, Auszugsplänen und der ganzen Leier ziemlich auf die Nerven.

Als ich meiner Mutter vor ihrem letzten Enkelurlaub von meinem Sommerschatz erzählte, entschied sie unerwartet erleichtert, auf Kinderspaßprogramme zu verzichten. Das Kind kam entspannt zurück. Es war gewachsen – um ein paar stille Sommertage.

Dieser Text erschien als Kolumne der Herbstausgabe der Räuberpost 2013


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